St. Marien und Christophorus Kalbensteinberg

von | Nov 5, 2020

Willkommen in einem „Schatzkästlein Frankens“

Wer die Rieter-Kirche St. Marien und Christophorus in Kalbensteinberg zu einem Gottesdienst oder im Rahmen einer Führung betritt, wird überrascht sein. Das Gotteshaus, in dem seit der Reformation lutherische Gottesdienste gefeiert werden, beherbergt noch heute viele vorreformatorische Heiligenfiguren aus dem Nürnberger Kunstkreis. Immer wieder sind Maria, Walburga und andere zu sehen. Der nördliche Seitenaltar mit seinen Tafelgemälden zum Beispiel zum Kindermord in Bethlehem stammt aus der Schule Michael Wolgemuts, Dürers Lehrer.

Diese Ausstattung geht zurück auf die Bauherren der Kirche, die Nürnberger Patrizierfamilie Rieter, die seit 1437 im Ort begütert war. An sie erinnern die großformatigen Totenschilde an den Wänden und Fresken im Chor sowie die beiden Herrschaftsemporen. Um die Familie der Rieter ranken sich Geschichten: Das Wappenzeichen der doppelschwänzigen Meerjungfrau soll an ihre Herkunft aus Zypern erinnern und das Totenschild für „Chunrat Kalwenberger“ deren Abstammung von den „Kalbenbergern“ beweisen. Doch ist die behauptete Abstammung lediglich eine kühne Legende und das Totenschild mit dem mittelalterlichen Tunierhelm eine raffinierte Fälschung.

Andere künstlerische Höhepunkte sind der Palmesel, der in katholischer Zeit bei Palmsonntagsprozessionen mitgeführt wurde, das spätgotische Chorgestühl mit geschnitzten Groteskfigürchen, das Sakramentshäuschen oder die farbigen Glasfenster aus der Zeit kurz vor 1500. Die Armenbibel mit 56 Miniaturdarstellungen aus der Bibel oder die angeblich Blutstropfen weinende Terrakotta-Madonna zogen Gläubige und Wallfahrer an. Heute kehren viele Pilger auf dem Jakobsweg im Ort ein. Besonders außergewöhnlich ist die in Russland entstandene Ikone des Heiligen Theodor Stratilat, eines in der orthodoxen Kirche verehrten Soldatenheiligen, dessen Martyrium dargestellt ist. Ein Epitaph aus schwarzem Altdorfer Juramarmor mit Fossilieneinschlüssen erinnert mit dem auf den Kopf gestellten Familienwappen an das Aussterben der Rieter im 18. Jahrhundert. 

Die Patronatsherren nutzten die Kirche als Grablege, wovon die – heute nicht mehr zugängliche – Gruft mit ihren Mumien in Glassärgen zeugt. Neben den Angehörigen von Hans IX. Rieter und dem letzten seines Namens, Johann Albrecht Andreas Adam Rieter, sind Mitglieder der Familie Leubelfing aus dem nahen Untererlbach und Anna Katharina von Lindenfels bestattet – die junge Schwägerin des letzten Rieters tanzte sich angeblich auf einem Ball zu Tode und wurde daher im Ballkleid beigesetzt.

Die Rieter-Kirche bietet also jede Menge Geheimnisse und Legenden. Kein Wunder, dass sie als ein „Schatzkästlein Frankens“ gilt!

Daniel Schönwald

Kommen und sehen Sie selbst!

Wir führen Sie gerne nach Voranmeldung über das Pfarramt. Ab dem Frühjahr bis in den Herbst hinein finden außerdem offene Führungen statt, an denen Sie ohne vorherige Anmeldung teilnehmen können. Genauere Informationen dazu finden Sie hier. Vielleicht haben Sie aber auch Glück und erreichen Pfarrerin Pohler auch kurzfristig. Klingeln Sie einfach am Pfarramt. Sie öffnet Ihnen gerne die (Kirchen)Tür!

 

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